Manchmal kann es eine Herausforderung sein, den Anforderungen eines anspruchsvollen Tauchers gerecht zu werden. Grossfisch sollte es haben, unberührte Riffe mit intakten Korallen, riesige Fischschwärme und zwischendurch noch besondere Sichtungen im Makrobereich wie Seepferdchen und Nacktschnecken um das Ganze abzurunden.

180km von der Insel Palawan entfernt befindet sich so ein Spot, der die Herzen der Taucher höher schlagen lässt: das Tubbataha-Riff. Ausschliesslich per Tauchkreuzfahrt erreichbar und nur von März bis Juni betauchbar ist dieser Platz nur einem vergleichbar exklusiven Kreis von Tauchern zugänglich. Und dazu gehöre ich nun auch.

Ich, Andrea Röthlisberger, bin seit dreizehn Jahren begeisterte Taucherin und fröne seit Kurzem meiner Leidenschaft, der Unterwassser-Fotografie. Im Frühling durfte ich mir einen Eindruck von den Tauchgründen um das Tubbataha-Riff verschaffen. Auf den folgenden Zeilen berichte ich über meine Impression von dieser Reise.

Beschwerliche Anreise – die sich jedoch mehr als lohnt!

Mit gemischten Erwartungen reiste ich ans Tubbataha-Riff, war ich doch erst fünf Monate vorher in meinem persönlichen Tauchparadies „Raja Ampat“.  Würde der Vergleich standhalten? Lohnte sich die weite Reise? Die Anreise via Singapur – Cebu – Puerto Princesa steckte mir noch in den Knochen, als es hiess „alles festmachen für die  14-stündige Überfahrt“. Als eigentlich seefeste Taucherin nahm ich diesmal vorsorglicherweise doch ein Mittel gegen Seekrankheit. Eine gute Idee, wie sich im Nachhinein herausstellte. Trotz starkem Seegang verschlief ich den grössten Teil der Überfahrt. Aber auch am nächsten Morgen dauerte es noch einen Moment, bis die Philippine Siren endlich an einer Mooring festgemacht werden konnte. Das servierte Frühstück stiess generell noch auf mässige Begeisterung.

gespannt auf die Unterwasserwelt

gespannt auf die Unterwasserwelt

SY Philippine Siren – ein Safariboot, das keine Wünsche offen lässt

Im Licht des nächsten Tages sah ich erst, welch schönes Schiff die Philippine Siren ist. Kein Wunder findet man so gute Bewertungen im Netz. Auf solche komfortablen und geräumigen Kabinen trifft man nicht oft auf Safaribooten. Locker hätte es in der Mitte noch Platz für ein drittes Bett. Möglichkeiten meine Siebensachen zu verstauen hatte es jedenfalls mehr als genug.  Beeindruckt war ich auch von den Platzverhältnissen auf dem Tauchdeck. Einmal die Ausrüstung zusammengeschraubt, brauchte ich mich für den Rest der Kreuzfahrt nicht mehr darum zu kümmern. Die Pressluftflasche wird am zugewiesenen Platz befüllt und direkt daneben hat es eine Schublade für meinen persönlichen Krimskrams.  Den Tauchanzug kaum von Füssen gezogen, schnappt ihn sich schon ein Crewmitglied  zum Auswaschen.

Zu meinem grossen Bedauern zwickte der Tauchanzug gegen Ende der Reise doch erheblich mehr als am Anfang. Nein, er ist nicht vom vielen Waschen eingegangen. Die Schuld liegt alleine bei der Küchencrew. Unglaublich, was in der kleinen Kombüse alles für Leckereien gezaubert wurden: von philippinischen Spezialitäten über tollen Seafood bis hin zur Pizza als Snack. Vom Schokoküchlein mit flüssigem Kern träume ich immer noch…

komfortable SY Philippine Siren

komfortable SY Philippine Siren

Checktauchgang einmal anders

Aber nun zum Wesentlichen: dem Tauchen.

Einmal am Tubbataha-Riff sind es zu den Tauchplätzen jeweils nur noch kurze Fahrten mit dem Zodiak. Zugegeben: etwas aufgeregt war ich schon bei der ersten Rückwärts-Rolle ab dem Beiboot. Was würde mich unter Wasser erwarten? Schon beim Check-Tauchgang an der „Gorgonian Wall“ zeigte sich das Potenzial des Tubbataha-Riffs. Unter wechselnden Strömungen zogen die ersten Weissspitzen-Riffhaie majestätisch ihre Kreise im Blauwasser. Neugierige orientalische Süsslippen liessen mich bis auf wenige Zentimeter heran kommen. Im Sand, fast bis zur Unkenntlichkeit vergraben, lagen grosse Marmor- und Blaupunkt-Rochen. Und wenn ich den Blick etwas weiter schweifen lies, sah ich riesige Kolonien von Röhrenaale. Auch die Korallen hatten es in sich: unvorstellbar grosse Tischkorallen, ganze Felder von Geweihkorallen aber auch Weichkorallen in allen Farben. Bei einem Blick auf meinen Tauchcomputer merkte ich erstaunt, dass der Tauchgang bereits dem Ende nahte. Ich muss zugeben, meine Erwartungen wurden nicht nur erfüllt sondern sogar übertroffen! Nun war ich aber gespannt auf die weiteren Tauchgäng und mochte kaum die Oberflächenpause abwarten.

bei dieser Unterwasserwelt wurden Andreas Erwartungen bei Weitem übertroffen!

bei dieser Unterwasserwelt wurden Andreas Erwartungen bei Weitem übertroffen!

Bodenlose Steilwände – rasante Drifts

Die meisten Tauchplätze haben ein sanft abfallendes Korallendach, aber spätestens nach 15 Meter fällt die Wand an der Riffkante ins Bodenlose. Da habe ich schon das eine oder andere Mal ein Kribbeln im Bauch gespürt, wenn ich in den Abyss unter mir geschaut habe. Bei einigen Tauchgängen hatten wir zudem starke und vor allem wechselnde Strömung. Entsprechend froh war ich, dass ich doch schon über einige Taucherfahrung verfüge.

Diese Tour würde ich denn auch nur erfahrenen Taucher mit einer guten Tarierung empfehlen. Wer jedoch – wie ich – rasante Tauchgänge an Steilwänden mit überraschenden Begegnungen mag, liegt mit dem Tubbataha-Riff genau richtig. Tauchplätze wie „Shark Airport“ werden ihrem Namen gerecht: ich traf auf schlafende Weisspitzen-Riffhaie auf kleinen Vorsprüngen, unter mir patrouillierten Graue Riffhaie und weiter vorne jagten Schwarzspitzen-Riffhaie. Etwas neidisch war ich schon, als die andere Tauchgruppe von einem Walhai und einem Tigerhai berichtete. Langweilig wurde mir auch beim Tauchplatz „Malayan Wreck“ nie. Zwar hat es kein Wrack mehr zum betauchen, aber dafür schrieb ich nach dem Tauchgang Schlagwörter wie „Haifischsuppe“, „wunderschöner Korallengarten auf dem Riffdach“ und „riesige Schule von Füssilieren“ in mein Logbuch. An der „South West Wall“ hätten wir theoretisch Verstecken spielen können,  so zahlreich und vor allem riesig sind die Gorgonien an dieser Wand. Mein Guide hatte zum Glück sehr gute Augen und so konnte er mir sogar einige Seepferdchen zeigen.  Für mich als passionierte Hobby-Unterwasserfotografin sind die schön bewachsenen Wände mit den riesigen Schwämmen und den tollen Gorgonien ideale Motive für die Weitwinkel-Fotografie. Aber bei diesem Tauchgang habe ich zum Glück meine Makrolinse auch dabei gehabt.

Seepferdchen gesichtet - dank den guten Augen des Guides!

Seepferdchen gesichtet – dank den guten Augen des Guides!

Persönliches Fazit

Ja, die Anreise ist beschwerlich, die Überfahrt nur etwas für seefeste Taucher, man ist weit weg von der Zivilisation und hat keine Internetverbindung. Aber genau deswegen ist dieses Tauchgebiet so speziell und unberührt. Während der ganzen Tour habe ich unter Wasser nie andere Taucher gesehen. Die intakte Korallenwelt, die vielen pelagischen Jäger und die riesigen Fischschulen sprechen für sich. Nicht umsonst gehört das Tubbataha-Riff gemäss renommierten Tauchzeitschriften zu den Top Ten der weltbesten Tauchgebiete. Auch als verwöhnte Taucherin würde ich diese Aussage bedingungslos unterschreiben.

dankbar & happy, das Tubbataha-Riff betaucht haben zu dürfen

dankbar & happy, das Tubbataha-Riff betaucht haben zu dürfen