Keine Klimaanlage, kein fliessend Wasser, nur einfache Hütten ohne Fenster. Die Ferien auf der Trauminsel waren vor vierzig Jahren alles andere als luxuriös. Wer sich dennoch verliebt hat und wer bis heute geblieben ist.

«E s war ein Dschungel», sagt Ali Moussa (54), heute Chefkoch für die kalte Küche auf der Insel Meeru. Die Gäste nennen ihn «Chef Moussa », denn er gehört mit seinen 25 Jahren quasi zum Inventar. Die Zahl trägt er stolz auf einem Holz-Button, sorgfältig an seiner weissen Kochuniform angepinnt. «Damals war ich Junge für alles, ich fischte, rüstete Gemüse und kochte Curry. Es gab nur sehr wenig Auswahl, ein bis zwei Currys, vielleicht mal etwas Pasta. Und nur eine Portion pro Gast, wir mussten die Mengen gut einteilen.» Ali Moussa lacht. «Damals war alles sehr einfach.»

Von Luxus keine Spur
Wer hier Ferien machte, gehörte zu den Abenteurern. Daran können sich Dr. Gabriele Beitz (70) und ihre Mutter (93) noch lebhaft erinnern. «In der Dusche gabs nur kaltes Brackwasser, das immer etwas nach faulen Eiern roch.» Überhaupt waren ihre ersten Ferien auf der Insel nicht ganz so perfekt. 23 Jahre ist das her. «Es regnete viel, war kalt und wir wurden von Moskitos verstochen», sagt Gabriele und lacht. Ihre Mutter nickt: «Und trotzdem haben wir uns verliebt. » Seither waren die beiden bereits 21-mal auf derselben Insel. Etwas anderes kommt für sie nicht in
Frage. «Sonst hätten wir nur Heimweh gehabt.» Moskitos sind mittlerweile so gut wie ausgerottet, statt einfacher Hüttenromantik bieten top ausgerüstete Luxuszimmer mit Klimaanlage, TV, Internet, Minibar, auf Wunsch mit Jacuzzi den erwarteten Sternestandard.

«Es hat sich enorm verändert », sagt Gabriele. Die meisten Entwicklungen gefallen den beiden. «Nur mit dem Bauen von weiteren Gebäuden sollten sie nun langsam aufhören. Denn jedes Jahr muss wieder etwas Grün irgendeinem neuen Gebäude weichen, das finden wir schade.»

Damit sie bleiben
In der Tat: Das Mitarbeiterareal ist im Vergleich zu anderen Resort-Inseln sehr umfassend. Ein Fussballplatz, Volleyball- und Basketballfelder, Fitnessraum, ein geräumiger Aufenthaltsraum
mit Tischtennis- und Billardtischen, eine Moschee und sogar ein eigener Pool gehören dazu. Shiyam ist Personalleiter und verrät den Grund für die grosszügigen Anlagen.


«Es ist ein Teil des Gesamtpakets für unsere Mitarbeitenden, damit sie sich zu Hause fühlen, einen hervorragenden Job machen und langfristig bei uns bleiben.» Sein Ziel: «Wir möchten ein noch besseres Arbeitsklima schaffen.» Auch eine Reihe von Veranstaltungen, wie die Wahl vom Mitarbeiter, von der Mitarbeiterin des Monats, DJ- und Karaoke-Events, Fussball-Spiele und Indoor-Wettbewerbe halten die 700 Angestellten bei Laune.

Er selbst hat vor 17 Jahren als Reservationshilfe angefangen und dank eines Firmenstipendiums eine höhere Ausbildung im Hotelmanagement absolvieren können.
«Die Entwicklungsmöglichkeiten hier sind wirklich aussergewöhnlich», sagt Shiyam. «Wir geben jedem und jeder Einzelnen eine Gelegenheit.»

Das bestätigt Sherlyn, die seit elf Jahren hier als Assistentin des General Managers arbeitet. «Es ist egal, ob Mann oder Frau, wir begegnen uns hier auf Augenhöhe. Das gefällt mir.» Sherlyn kommt aus den Philippinen und wollte eigentlich arbeiten, um Geld zum Reisen zu verdienen. Meeru sollte eine Zwischenstation sein. Dann gefiel es ihr so sehr, dass sie blieb.
Elf Jahre ist das nun her. In dieser Zeit hat sich einiges verändert: «Der Standard hat sich enorm verbessert. Die Auswahl und Qualität des Essens, die Personalräume, die Freizeitmöglichkeiten.
Ich bin extrem dankbar, hier zu sein», so Sherlyn. «Heute bin ich finanziell unabhängig, habe gute Freunde hier und ganz viele Erfahrungen gesammelt.» 

Der Geheimtipp
Die Menschen auf der Insel und ihre Freundlichkeit sind auch der Grund, warum die beiden Frauen Gabriele Beitz und ihre Mutter so gerne nach Meeru kommen. «Die Mitarbeitenden sind so aufmerksam, vor allem auch gegenüber älteren Leuten. Jeder kennt uns hier, es ist jedes Mal ein Nachhausekommen », so Beitz. Langweilig wird es den beiden Frauen nie. «Es gibt immer was zu tun: Lesen, sich unterhalten, um die Insel spazieren und einfach geniessen.» Das Geheimnis für ihr rüstiges Auftreten verraten die beiden Ärztinnen ebenso unumwunden: «Die Malediven sind ein Jungbrunnen.»

Sie kommen wieder
Viele der Gäste sind sogenannte «Repeater », also Stammgäste, die bereits mehrmals auf der Insel Ferien gemacht haben. Wer sich wohlfühlt, kommt gerne wieder. Das Management freuts und bedankt sich mit exquisiten Cocktail-Partys am Strand. Besonders treue Wiederkehrende erhalten sogar ein eigenes Schild aus Holz mit ihrem Namen an die Inselzimmer-Haustür. Damit sie sich so richtig zu Hause fühlen. Viele der Gäste kennen sich auch untereinander, die Repeater-Cocktails sind ein fröhliches Meet and Greet. Bei Häppchen und Drinks, die Füsse im Sand, den Blick aufs Meer, lässt sich der Sonnenuntergang im Kreise der Insel-Familie gediegen geniessen. Auch Ali Moussa, der Küchenchef, ist da. Im Scheinwerferlicht, leicht entrückt, schnitzt er kunstvolle Figuren und Gesichter in Melonen, Papaya und Rüebli, wie er es einst von seinem Vater gelernt hatte. Es wird gelacht, geredet und geplant. Fürs nächste Jahr. Wenn man sich wieder treffen will. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort, das wäre schön. Auch Ali Moussa wird wieder da sein. Mit einem neuen Button auf seiner Uniform.