Überall in Indonesien trifft man auf sie: Tauchguides aus Manado, Nord Sulawesi. Egal ob in einem Tauchresort in Raja Ampat oder auf einem Safarischiff in Komodo, meistens kommt mindestens ein Guide oder sogar Tauchlehrer der Tauchcrew aus der Hauptstadt von Nord Sulawesi. Wie kam es, dass Manado zu einem wahrhaftigen kleinen Tauch-Harvard Indonesiens wurde? Dahinter steckt eine Person – sie ist eine Frau mit viel Herzblut und Lehrerin aus Leidenschaft.
Simone Gerritsen, gebürtige Holländerin, lebt bereits seit über 20 Jahren in Nord Sulawesi. Es fing alles mit dem Aufbau eines Tauchenters in Tongkeina, einem kleinen Fischerdörfchen nördlich der Provinzhauptstadt Manado, an. Als erfahrene Course Directorin und Besitzerin eines Tauchcenters in Holland wurde sie um Expertise gefragt. Wer ahnte damals schon, dass 20 Jahre später Manado noch immer ihr geliebtes zu Hause sein wird und sie neben ihren zwei leiblichen Kindern auch Mutter vieler indonesischer Kinder wurde. Simone wird nämlich tatsächlich von allen ihren Schülern nur liebevoll Ibu (Deutsch: Mutter) genannt.
Der wohlverdiente Name Ibu wird ihr bereits 1999 zugeteilt. Neben dem Aufbau des Tauchcenters in Tongkeina und der Ausbildung der Tauchguides vor Ort, nahm sie ihr erstes Sozialprojekt in Angriff. Dieses Vorhaben galt aber erstmals der älteren Dorfgeneration, speziell den Familienvätern. Aus mangelnden Alternativen und Langeweile sassen diese oft Tag für Tag vor ihren Hütten und tranken starken, selbstgebrannten Zuckerrohrschnaps. Mit dem Bau eines Gemeinschaftszentrums wurde ihnen eine Platform zur Durchführung von gemeinsamen Spielen und sportlicher Aktivitäten geboten. Während dessen Baus hält sich Simone oft im kleinen Fischerdorf auf und bemerkt, dass neben den gelangweilten Männern auch viele Kinder tagsüber im Dorf zugegen sind, auf der Strasse herumrennen und mit ihren Hunden am Spielen sind. Sollten sich diese Kinder nicht vielmehr dem ABC und Einmaleins widmen?
Nicht nur die Kinder meiden die Schule, sondern auch die Lehrer bleiben lieber zu Hause. Die Primarschule steht nämlich dem Zerfall nahe. Neben mangelnden Möbeln und einer nicht ausreichenden Stromversorgung, stellt sich zudem heraus, dass das Dach mit dem Schadstoff Asbest belastet ist. Eine Vollsanierung des Gebäudes ist notwendig. Angesichts fehlenden Engagements seitens der Regierung, wird Simone aktiv. Denn was bringt ein Beschäftigungsprogramm für die gelangweilten Dorfmänner, wenn der jüngeren Generation genau die gleiche Laufbahn vorgezeichnet wird? Neben der Sanierung des Gebäudes wird zudem ein Schulgeld eingeführt, welches das Einkommen und somit auch die Motivation der Lehrkraft verbessern soll. Obwohl es sich um einen kleinen Beitrag handelt, können ihn lange nicht alle Familien aufbringen. Zuviel Geld wurde bereits in dieses Zuckerrohrgetränk investiert. Ibu Simone übernimmt einmal mehr die Mutterrolle und hilft aus. Doch auch ihren finanziellen Mitteln sind Grenzen gesetzt und schon bald fängt sie an, ihre Tauchgäste um Spenden zu bitten. Im Gegenzug kommen die Schüler in das Tauchresort und unterhalten die Gäste mit einheimischen Tanz- und Gesangvorführungen. Das Fundraising System ist geboren.
Die Neuigkeit über die Eröffnung und der Erfolg der neuen Schule verbreiten sich schnell. Immer mehr kleine Fischerdörfchen in der Region bitten die Holländerin um Hilfe. Die Mittelbeschaffung muss ausgebaut und professionalisiert werden – die holländische Stiftung Kehidupan Anda (Deutsch: Dein Leben) wird geboren. Mit zunehmender Finanzkraft gewinnen auch Simones unerschöpfliche Ideen an Realität. Und genau hier liegt der Ursprung der Tauchhochschule. Die Schulkinder haben nun wieder ein asbestfreies Dach über ihren Köpfen, die gelangweilten Familienväter unterhalten sich vermehrt mit Spiel und Sport im Gemeinschaftszentrum – doch wo bleiben hier die Jugendlichen? Wird ihnen eine Möglichkeit geboten einen Beruf zu erlernen und Geld zu verdienen, werden sie später nicht gelangweilt im Dorf herumsitzen und überdies heraus werden sie die finanziellen Mittel haben ihren eigenen Kindern die Schulgelder zu bezahlen. Eine weitere Bildungsstätte soll gebaut werden. Mithilfe von Spendengeldern wird die erste Berufsmittelschule der Region, im kleinen Fischerdörfchen Tongkeina im Sommer 2007 errichtet. Die beiden gewählten Fachrichtungen der Mittelschule sind Hotel- und Tauchtourismus. Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Hotelfachkräften wie auch Tauchcrew-Mitgliedern in Manado war bereits damals gross und nahm durch die stetig wachsende Reiselust von Tauchern aus aller Welt während der letzten Jahre noch deutlich zu. Schulabgänger haben eine fast hundertprozentige Anstellungsgarantie in ihrer Heimatregion. Einige wagen aber auch den Schritt in die weite indonesische Welt hinaus und finden eine Anstellung in einem Tauchresort oder einem Safarischiff in einer anderen Provinz.
Neben dem Unterricht im Klassenzimmer erlangen die Lernenden die praktischen Fähigkeiten in den beiden Thalassa Tauchresorts von Simone Gerritsen. Noch heute unterrichtet die Schulgründerin und Resortbesitzerin die Kinder selber. Schritt für Schritt werden sie zu Bootskapitänen, Bootscrewmitgliedern oder Tauchguides ausgebildet. Abgestimmt auf Stärken und Potential eines jeden Einzelnen. Manche Guides gehen noch einen Schritt weiter und, nachdem sie einige Jahre Arbeitserfahrung gesammelt haben, werden zum Dive Master und letztendlich sogar zum Tauchlehrer qualifiziert. Abgesehen vom vorgegebenen Lehrplan und den PADI Richtlinien nehmen die Jugendlichen auch an vielen weiteren Projekten teil. Sie lernen wie man die Unterwasserwelt schützen kann und müssen an verschiedenen Veranstaltungen wie Beach clean-ups, Coral planting und Finathlons teilnehmen. Um auch andere Kinder wie auch Gäste zu sensibilisieren, führen sie sogenannte “waste zombie dances” auf. Mit dem gesammelten Abfall and den Stränden basteln sie Kostüme für Ihre Tanzaufführungen.
Simone ist definitiv viel mehr als nur eine Lehrerin für die Jugendlichen in Manado. Neben der Aufgabe als Ausbildnerin, Erzieherin und Mentorin hat sie auch immer ein offenes Ohr für die persönlichen Probleme ihrer Schützlinge. Wo nimmt die heute 66-jährige Frau diese Energie nur her? Ihre Antwort darauf ist klar: “ Zu sehen wie sich nicht nur die beruflichen Aussichten der Jugendlichen in Nord Sulawesi verbessert haben, sondern auch ihren Umgang mit der Natur und vor allem mit der Unterwasserwelt, gibt mir genug Energie zurück, um weiterzumachen.” Und sie macht unermüdlich weiter. Die Schule soll ausgebaut werden und sich mit einem noch grössere Angebot and Schwerpunktrichtungen im Bereich der Hotellerie auszeichnen. Noch mehr Jugendlichen aus Nord Sulawesi wird somit eine Zukunft gesichert und noch mehr Tauchbetrieben in Indonesien werden gute Guides vermittelt. Die Hotel-und Tauchtourismusschule ist und bleibt ein lebensveränderndes Projekt für die Jugendlichen in Nord Sulawesi, dem Land der lächelnden Leute. Als Feriengast in einem der Thalassa Resorts werden sie ganz sicher auf Schüler, Alumni und deren Ausbilder von Indonesiens Tauch-Harvard treffen.
Es hat noch keine Kommentare.