Ausgetaucht

Malediven, Indonesien, Palau, usw.! Was hatte ich damals nicht alles betaucht, die Unabhängigkeit  junger Jahre voll ausgekostet. Mit meinem perfekten Buddy,  welche die Freude für Unterwasser- und Inselwelten seit jeher mit mir teilte. Zu gegebener Zeit haben wir den Fokus auf Familien- statt Tauchferien gelegt, sind seither kaum mehr unter Wasser. Seltene, einzelne Tauchgänge ja, aber nichts Anspruchsvolles, was Emotionen auslöste. So entstand die Frage, was ist noch dran, an der alten Liebe Tauchen? Hab ich’s noch drauf mit Tiefe, Tarierung, Strömung?

Wenn auch leider alleine, ergab sich endlich die Möglichkeit, dies für mich herauszufinden. Eine Schiffsreise mit Hauptmotiv Tauchen, und doch gewährt das Leben an Bord soziale Kontakte zu Gleichgesinnten. Doch was geben die Maledivischen Riffe heute noch her? War früher nicht alles besser?

Zurück im (nassen) Paradies

Nach dem Flug ins Paradies heisst es erstmal Einschiffen, Auspacken, Kennenlernen, Essen. Ein Rundgang übers Schiff, ein Briefing zu den Abläufen an Bord. Doch das Wetter spielt nicht mit. Starker Wind und Regen grüssen. Egal, ich war ja bisher seefest.

Dann endlich – nach kurzer Fahrt und aufmerksamen Vorbereitungen – der lang ersehnte Sprung ins Nass. Blick nach unten und ab in die Schwerelosigkeit! Stille – nur das vertraute Blubbern beim jedem Atemzug. Sofort wird mir klar, ich bin wieder daheim. Leicht meisterte ich die Übungen zur Prüfung der Tauchfertigkeiten. Alle Nervosität und Zweifel sind wie der Regen an der Oberfläche geblieben.

Das Riff ist blass, beschädigt durch die Korallenbleichen der letzten Jahre. Wie sieht‘s wohl andernorts aus? Doch all die Fische! In den ersten Minuten schon kreuzen Stachelrochen unseren Weg, ein Dutzend Muränen gucken aus Spalten am Riff, eine Schildkröte fliegt vorbei. Im Blau wuselt es von Falter- und Wimpelfischen. Kein schlechter Start!

Wir verbringen die Nacht im Nordmale-Atoll. Um uns schimmern die Lichter von Resorts, bewohnten Inseln und anderen Schiffen. Wenns auch nicht regnet, die Sterne zeigen sich leider nicht. Beim Dinner und dem Schlummertrunk knüpfen sich Kontakte, bevor mich sanfte Wellen in den Schlaf wiegen. 

Die Highlights der Safari

Weckruf, um 07.00! Nach dem kleinen Frühstück steht ein erstes Highlight in Aussicht – der Lankan Manta Point. Mantas, die eleganten Meeresriesen, sind angesagt und halten sich auch ans Programm. Obwohl der bekannte Spot oft von Tauchern besucht wird, lassen sich bis zu sechs Mantas ungestört bestaunen.

Nach dem grossen Frühstück fahren wir zum Kandooma Thila im Südmale-Atoll. Auch in diesem stark erschlossenen Atoll ist von Einsamkeit wenig spürbar. Wir springen in den Kanal zwischen Resort und bewohnter Insel. Die Strömung zieht! Schnell abtauchen und dagegenhalten, sonst haben wir die tiefe Riffkante verpasst. Hektik, schneller Atem! Wow – ich bin doch nicht mehr ganz so routiniert wie auch schon. Im Strömungsschatten eines Korallenblocks heisst es erst mal atmen und beruhigen. Langsam nehme ich die Umgebung war, bin sofort fasziniert. Eine magische Welt mit Überhängen, Schluchten, massiven Blöcken umgibt mich, überwuchert mit bunt schimmernden Korallen. Fische soweit das Auge reicht! Wolken von Riffbarschen, Süsslippen und weiter draussen zig Makrelen und Barrakudas. Ich schaue noch dem Adlerrochen nach, als ich Schatten überm Kanalgrund schweben sehe. Graue Riffhaie – majestätisch, fast bewegungslos stehen sie in der Strömung. Einzelne nähern sich und schweben dicht überm Riff. Sie verharren starr, als die Putzerfische ihr Handwerk tun. Wir lassen uns treiben und kreuzen im Flug weitere Haie, Schildkröten und einen Oktopus… So, genau so muss Malediven-Tauchen sein. Zumindest bis wir die Oberfläche erreicht haben und uns in einem heftigen Gewittersturm finden. Die Wellen spielen mit uns, bis das Tauchboot die Regenwand durchbricht und uns zurück zum Mutterschiff bringt.

Kaum getrocknet, aufgewärmt und verpflegt geht’s los zum Dämmerungstauchgang am Kuda Giri. Entspannt geht es zu und her am kleinen Riff, wo sich ein üppig bewachsenes Schiffswrack befindet. Nachts, im Schein der Lampe, leuchten die Korallen noch intensiver und die Stimmung ist einfach mystisch. Unmengen an Fisch, meist kleine, egal wohin man blickt. Nur Makrelen und Thunfische, die sich zum Jagen unseres Lichts bedienen, sorgen hin und wieder für Hektik. Ein spektakulärer Tauchtag, den wir bei einem guten Glas Wein zu Ende bringen.

Auch Tag 3 stellt uns vollends zufrieden, sogar der Himmel klärt langsam auf. Am vierten Tag erlaubt es die See dann endlich, das offene Meer ins Vaavu-Atoll zu überqueren. Hier ist‘s nun einsamer, weniger Resorts und bewohnte Inseln. Leider haben wir schon zu viel Zeit verloren, die geplante Route noch weiter südwärts einzuhalten. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Denn das Tauchen hier, und später noch im Ari-Atoll, erfüllt alle Erwartungen vollends. Fischschwärme, Schildkröten, Napoleon-Lippfische, Nacktschnecken, Schaukel- und Steinfische,  Mantas! Und in jedem Kanal Haie. Mal nur drei oder vier, oft aber auch 10 bis 20. Weissspitzen, Graue oder auch Ammenhaie. Kaum je zuvor, hab ich hier so viele gesehen…

Wir geniessen die Tage, die vom Rhythmus Tauchen, Essen, Schlafen getaktet sind. Ein Erlebnis reiht sich ans andere, keine Möglichkeit zum Tauchen wird ausgelassen. Bis auf die Regengüsse meint es Mutter Natur echt gut mit uns, vor allem unter Wasser. Jeder Tauchgang bietet Höhepunkte, wenn auch die Sicht meist nicht ganz perfekt ist. So gesellt sich am letzten Abend ein Manta ans Heck des Bootes, um im Scheinwerferlicht während Stunden Runden und Loopings zu drehen und Plankton zu filtern. Nur Armlängen von uns entfernt – was für ein Abschluss!

Mein Fazit

Ich bin glücklich, die Tauchabstinenz ohne grössere Nöte oder Zweifel überwunden zu haben. Ich weiss nun, diese alte Liebe rostete nicht! Ich bin weiterhin empfänglich für all die Schönheiten, welche die Unterwasserwelt bescheren kann.

Und in die Malediven als Tauchziel hab ich mich neu verliebt. Auch wenn sich hier manches über Jahre entwickelt und verändert hat, bin ich absolut begeistert. Nicht nur was Organisation, Komfort, Kulinarik und Sicherheit betrifft, sondern auch wegen der Schönheit der Natur und der Qualität des Tauchens. Klar, die Korallen waren auch schon besser. Im Flachwasserbereich sind die Folgen der Korallenbleiche doch verbreitet und massiv. Unter 15 Metern trifft man aber oft auf herrliche Rifflandschaften. Aber ganz klar machen hier die Fische den Unterschied. Nicht nur die dicken Grossen, welche wirklich zahlreich vertreten sind, sondern auch die unglaubliche Masse an Fischleibern am Riff und im Blauwasser. Und im Gegenzug zu manch andern Tauchspots scheinen die Bestände hier intakt, stabil und gesichert.

Vermisst hab ich einzig meinen perfekten Tauchbuddy.