Eine Insel wie aus dem Ferienprospekt: perfekt für ruhesuchende Strandnixen und wasserverrückte Abenteurer. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein. Alles perfekt, alles idyllisch. Das Paradies eben. Sogar in der Sprache der Malediver, auf Dhivehi, bedeutet Reethi so viel wie «schön». Doch ist die Idylle mitten im indischen Ozean auch hinter der Fassade schön? Dort, wo die Angestellten leben? Dort, wo die Fische schwimmen? Dort, wo die Entscheidungen gefällt werden? Es reden ein stiller Idealist, ein ambitionierter Moskitojäger, eine barfusslaufende Inselbesitzerin, ein Vermittler, Gäste und eine besorgte Meeresbiologin. Und wir verraten, was der Lachs auf der Insel verloren hat. 

Der Idealist

Sein Koffer ist voll mit Strohhalmen aus Deutschland. Peter Gremes (51) führt mitunter eigenartiges Reisegepäck mit sich. Kein Grund für grosses Tamtam, findet er. Dass er mit den Trinkhalmen aus echtem Stroh und Papier jährlich 170 Kilo Plastikabfall einspart, ist für den General Manager genauso normal wie ein wöchentlicher Energiespartag oder das Planen einer Biogasanlage. Peter ist so was wie ein stiller Idealist. Unaufgeregt und geerdet. Manchmal auch etwas desillusioniert. Dann zum Beispiel, wenn er auf der unbewohnten Robinson-Insel auf lauter Abfall stösst. Wenn Palmeninseln für neue Resorts plattgewalzt werden, obwohl das Kontingent limitiert ist. Wenn ein Atoll geschützt ist und niemand für die Gesetze einsteht. Überhaupt, wenn Profitgier auf Kosten der Natur geht. Doch darüber zu lamentieren ist nicht sein Ding. Viel lieber setzt er auf konkrete Massnahmen. «Wir auf Reethi Beach kennen den Mehrwert einer intakten Umwelt», sagt Peter. «Darum kommen die Leute hierher.» Der Tourismus ist für ihn eine Chance, die Umweltproblematik in den Griff zu kriegen. Reethi Beach lässt darum seine Gäste tief hinter die Kulissen blicken: Auf der «Technical Tour» erfahren sie, wie der Abfallmann das Glas vom Karton und PET trennt, wie ein intelligentes Energiemanagement und eine gezielte Abwärmenutzung den Dieselverbrauch reduzieren, wie Bakterien das Abwasser reinigen und wie aus Meerwasser Trinkwasser entsteht oder warum in der Küche keine Babyfische auf den Teller gelangen. Dafür aber aus Europa eingeflogener Lachs. «Unser einziger Nachteil», gibt Peter zu. «Und nur zu besonderen Anlässen.» Den Gästen ists eher egal, sie würden sich wohl auch über eingeflogene Erdbeeren hermachen.

Die Gäste

Mitten auf einer einsamen Robinsoninsel, vis-à-vis von Reethi Beach. Sie sehen aus wie Touristen. Touristen mit weissen Handschuhen, die Abfall einsammeln? Das gibts. Am regelmässig stattfindenden Reethi Day, wenn Gäste und Angestellte gemeinsam eine unbewohnte Insel reinigen. Zuerst denken die Helferinnen und Helfer, das sei eine kurze Sache. Doch mit jedem Blick sehen sie mehr: Teller, Plastikgeschirr, PET- und Glas-Flaschen, Flipflops, ja sogar einen Fussball und Zahnbürsten. Von kleinen Plastikteilen und Styroporstücken gar nicht zu reden. Die elf Gäste und neun Mitarbeitenden füllen die weissen Säcke nullkommaplötzlich. «Eine super Sache, dass das Management sowas organisiert und sogar selber beim Sammeln mitmacht», sagt Kay von Maltitz. «Für uns ein klitzekleiner Beitrag, um die Schönheit dieser Inselwelt zu bewahren.» Auch Uta schätzt diese Gelegenheit: «So können wir dem Land etwas zurückgeben von der wunderschönen Zeit, die wir hier verbringen dürfen.» Die beiden sind zum ersten Mal auf Reethi Beach. «Es gefällt uns, wie familiär, offen und auch umweltbewusst diese Insel vorlebt, worüber andere nur reden», so Uta. «Wir kommen wieder.» Auch das nimmt man ihnen ab.

Was Gäste wollen

Ruhesuche oder Jetskifahrende. WLAN-Junkies oder Offline-Robinsons. Familienmensch oder Romantiker. Sternengucker oder Wasserratten. Die Wünsche der Gäste sind so verschieden wie die Inseln selbst. Nicht jede Insel bietet alles. Umso besser, dass deine Manta-Reiseberaterin alle Facetten kennt.

Hat das Sinn?

Widersprüche mit Potential zum Umdenken: Die Klimaanlage soll möglichst auf arktische Kühlschrankfrische runterkühlen, aber der dafür benötigte Dieselgenerator soll sich lärmfrei in Luft auflösen. Jetski fahren macht Spass, aber bitte nicht vor dem eigenen Strand. Und Fisch solls bitteschön im Wasser genauso viele haben wie auf dem Teller. Ach ja: Lachs schwimmt übrigens nicht vom Atlantik in den Indischen Ozean. Er fliegt.

Der Moskitojäger

Keine verstochenen Beine, kein nervtötendes Surren in den Zimmern und vor allem kein Sprühen von hochgiftigem Insektenmittel: Kamal Hossain (30) macht den Moskitos auf Reethi Beach den Garaus. Seit fünf Jahren hat die Insel ihren eigenen «Moskitoman» und damit eine komplett chemikalienfreie Moskito-Kontrolle. Eine Lösung, die sich wie ein Lauffeuer rumgesprochen hat. Dafür brauchts lediglich eine Taschenlampe, gut geschulte Augen und genaue Kenntnisse über das Verhalten der Mücken. Kein Problem für Kamal. Er weiss, wo die kleinen Stechviecher gerne ihre Eier legen. Unter den Blumentöpfen, in wassergefüllten Blättern oder in Blumenkelchen: Seinen scharfen Augen entgeht gar nichts. Findet er eine potentielle Brutstätte, leert er einfach das Wasser weg und fort ist die Brutgelegenheit. Ist bestechend einfach, funktioniert zuverlässiger als jede Chemie. Und schadet erst noch keinem anderen Lebewesen. Damit das so bleibt, durchsuchen Kamal und sein Team die ganze Insel akribisch genau. Und das Tag für Tag. Das Resultat: kein einziger Mückenstich auf Reethi Beach. Danke Kamal!

Die Meeresfee

«Sie sehen schön aus, wenn sie sterben.» Anna-Sara Söderström (31) ist Meeresbiologin und Tauchlehrerin. Und sie ist besorgt über den Zustand der Korallen am Hausriff. Seit Wochen sinken die Wassertemperaturen nicht unter 27 Grad. «Ein Alarmzeichen», sagt sie. «Die Korallen sind bei anhaltend hohen Wassertemperaturen gestresst und bleichen langsam aus.» Als Tauchlehrerin will sie auch sensibilisieren. Dass niemand die Korallen berührt, sie nicht versehentlich mit den Flossen verletzt und keiner was vom Meer mit nach Hause nimmt. «Wir sind auch Unterwasserbotschafter », sagt sie. Das Reethi-Tauchteam lebts vor. In stundenlanger Handarbeit und in ihrer Freizeit haben sie gemeinsam einen Korallengarten vor dem Hausriff angelegt. Das Resultat: mehr Fische und mehr Leben unter Wasser. Jetzt muss nur die Wassertemperatur wieder sinken. 

Die Blauhimmel versprecherin

Die Mitbesitzerin einer Paradiesinsel stellt man sich irgendwie anders vor. Nicht so umgänglich, nicht so aufm Boden geblieben, nicht so unkompliziert. Doch sie braucht kein Klimbim. Denn so natürlich wie Marianne Zihlmann Nazim (45) ist auch Reethi Beach: Sand auf allen Wegen, auf der Veranda und in der Bar. «Wer will schon in den Ferien Schuhe tragen?» Marianne ist verantwortlich für den Verkauf und das Marketing von Reethi Beach. Sie verspricht das Blaue vom Himmel und das Türkis im Wasser. Und braucht dabei nicht mal zu übertreiben: «Es ist nicht allzu luxuriös und dennoch fehlts den Gästen an nichts.» Doch Reethi Beach hat seinen eigenen Groove. «Wir wollen das familiäre Flair leben und Einblick in die maledivische Kultur geben.» Darum sollen sich Gäste und Angetellte begegnen. Nicht wie auf anderen Resorts, wo die Mitarbeitenden nach Dienstschluss zu verschwinden haben. Hier sollen sich alle wohlfühlen. » Darum spielen die Mitarbeiter mit den Gästen Volleyball oder treffen sich auf einen Schwatz an der Bar. Zumindest jene mit Kundenkontakt. «Es gibt eine Beziehung untereinander», sagt Marianne. Das schätzen auch die vielen Gäste, die wiederkommen. «Sie sind unser Lohn. Dann machen wir was richtig.» 

Was wir tun können

Ausser Kokosnuss, Fisch, eine Handvoll Früchte und Gemüse wird auf den Malediven so ziemlich alles importiert. Nicht nur das Essen. Auch der Abfall, der daraus entsteht, bleibt im Land. Recycling gibt es so gut wie gar nicht und auf der einen Abfallinsel landet der gesamte Müll der über 300 bewohnten Inseln. Eine Million Gäste pro Jahr hinterlassen so einiges an Spuren. Mit wenig Aufwand können auch wir einen kleinen Beitrag leisten:
✔ Getränke in rezyklierbaren Glasfaschen bestellen, frisch gezapftes Bier statt in Flaschen oder Büchsen.
✔ PET- und andere nicht kompostierbaren Abfälle mit nach Hause nehmen. Wer mit Edelweiss fliegt, kriegt dafür sogar einen Abfallsack, abzugeben beim Rückflug am Check-in.
✔ Zigaretten nicht am Strand zurücklassen.
✔ Energie sparen: Klimaanlage nur laufen lassen, wenn du im Raum bist.
✔ Wasser nicht länger laufen lassen, als du es brauchst.
✔ Ökologisch abbaubare Produkte als Dusch und Sonnencrème verwenden.
✔ Leere Tuben mit nach Hause nehmen.

Der Vermittler

«In einem anderen Resort könnte ich nicht hier sitzen und mit einem Gast reden», sagt Nizam Ali (24). «Schon gar nicht etwas Persönliches. » Wir schlürfen Eiscafé an der Bar. Normalerweise arbeitet Nizam an der Réception sowie als DJ und Moderator bei der Abendunterhaltung. «Es ist ein guter Job», sagt er. Über 60 Prozent von uns sind mehr als zwei Jahre hier. Das sei aussergewöhnlich lang. Nizam selbst kam vor vier Jahren auf Reethi Beach und will nicht mehr weg. «Das Inselleben ist entspannt, es fühlt sich an wie eine grosse Familie. Das sagen auch die Gäste.» Nizam engagiert sich zudem im Mitarbeiterrat. Zehn Vertreter aller Zehn Vertreter aller Abteilungen und die Personalleitung tagen alle zwei Wochen, diskutieren Probleme und erarbeiten Verbesserungsvorschläge, die der Geschäftsleitung präsentiert werden. «Probleme sind, wenn die indischen Köche das maledivische Fladenbrot nicht richtig dünn hinkriegen. Oder wenn die Mitarbeitenden den Lohn statt bar auf ein Bankonto ausbezahlt haben wollen.» Und natürlich organisiert der Rat wichtige Dinge wie Cricket- und Fussballspiele, die Mitarbeiterpartys mit Disco oder den atollübergreifenden Charity-Anlass, wo Angestellte und Gäste auf einer Einheimischeninsel gemeinsam essen. Alle zwei bis drei Tage fährt Nizam nach Hause, um auf der Nachbarinsel Kamadhoo seine Familie zu besuchen. Dort ist das Fladenbrot immer noch am besten.