Blauwal statt Christkind und Kaffee & Kuchen statt Fondue Chinoise

27.12.2019, 21 Uhr Ortszeit Alor: Wir sitzen in der prallgefüllten Kirche von Hirang und warten bis wir an der Reihe sind. Das für uns ausgewählte Lied ist “Feliz Navidad – I want to wish you a Merry Christmas” – es ist das einzige englische Lied, das unser Transportschiffkapitän und Teilzeitorganist Jemi auf dem von uns zu Weihnachten an die Kirche gespendeten Keyboard zu spielen weiss. Während Johannes aus voller Kehle ins Mikrofon singt, stimme ich zuerst etwas zögerlich, dann aber mit immer mehr Herzhaftigkeit ein. Einen Gesangswettbewerb würden wir nicht gerade gewinnen, die Stars des Abends sind wir gleichwohl.

Weihnachten findet in Hirang in diesem Jahr etwas später statt, da der Priester am Heiligabend wie auch am eigentlichen Christfest bereits von den umliegenden Dörfern gebucht ist. Dies scheint aber nicht einen einzigen Dorfbewohner zu stören. Hauptsache der Bapak Pendeta (Indonesisch: Priester) ist da und preist das Dorf mit einer himmlischen Feier. Bereits seit Tagen sind die Dorffrauen mit Backzutaten besorgen und Kuchenbacken beschäftigt. Es gilt nämlich: Ohne Kuchen kein Weihnachtsfest. Und da die Preise für Mehl, Zucker und Eier kurz vor Weihnachten erfahrungsgemäss deutlich steigen, fängt man besser schon früh damit an. Die Kuchen schmecken himmlisch, der Kaffee (sehr!) süss. Ob ich wohl heute meinen Schlaf noch finde nach so viel Kaffee und Zucker?

Der Gedanke an mein Bett ist jedoch so schnell er kam auch schon wieder verflogen. Die Schlafmännchen werden von einer Dosis Adrenalin verdrängt. Es ist ein lautes, anhaltendes und unverkennbares Geräusch, das immer wieder von neuem Gänsehaut auf meine Arme zu zaubern vermag. Sogar der Klang der Kirchenglocke geht darin unter. Wegen des Neumondes können wir es zwar nicht sehen, jedoch wissen wir gleich: das war das grösste Tier, das dieser Planet jemals gesehen hat – wir hörten den Blas eines Blauwals.

Das verspätete Weihnachtsfest bringt somit auch ein verzögertes Weihnachtsgeschenk. Denn bei dem blauen Riesen handelt es sich um einen Nachzügler, fand die grosse Migration doch bereits vor zwei Monaten statt. Im Spätherbst wie auch im Spätfrühling übersiedeln die Giganten der Meere von den subtropischen in die polaren Gewässer und zurück. Ihre Migrationsroute führt dabei direkt vor unserer Haustüre am SAVU vorbei. Trotz den grossen Tiefen zwischen den Inseln Alor und Pantar, welche bis zu 1’000 Meter reichen, bevorzugen die Wale auf ihrer Durchreise die Küstennähe. Neben dem bis zu neun Meter hoch aufsteigenden Blas, kann man somit auch den Walrücken und die Fluke mit blossem Auge erkennen. Idealerweise hat man aber bei seinem nächsten Ausblasen bzw. Auftauchen bereits das Fernglas zur Hand – aus der Nähe erscheint der blaue Riese dann doch noch einmal gigantischer. Der Feldstecher ist daher ganz klar ein fester Bestandteil eines jeden SAVU Bungalows.

Die fünf Beach Bungalows haben ihre Position, mit Blick auf die offene “SAVU Sea” auch bereits zugeteilt bekommen. Egal ob durch das offene Badezimmerfenster oder die grosse Glasschiebetür im Schlafzimmer, eine Spitzenposition zum Wale und Delfine sichten hat man von überall. Auf dem Bett zu liegen und dabei einem Pot Spinner- und Breitschnabeldelfinen bei ihren Sprüngen zuzusehen, ist nur eines von vielen “SAVU Experiences”.

Die Rohbauten aller Gästebungalows stehen und bekamen pünktlich bevor sich der grosse Regen meldete, ihre Alang-Alang Dächer. Diese werden in traditioneller Weise mit getrocknetem Gras gedeckt. Nun ist unser Team von 13 Arbeitern aus dem fernen Java, jeder spezialisiert in seinem Bereich, bereits mit dem Innenausbau beschäftigt. Mit einem schützenden Dach über dem Kopf, werden Holzböden verlegt, Teakbalken mit einer Lasur versehen, Stromkabel- und Schalter installiert und die Wände gestrichen. Zeitgleich entsteht das grosse offene Restaurant mit Lounge. Weitere Gebäude wie Reception, Spa und Tauchcenter folgen im Frühjahr, wenn sich der Himmel über Alor ausgeweint hat und die Erde wieder trocken ist.  Während der teilweise heftigen Regenzeit von Ende Dezember bis Mitte März wird das SAVU in Zukunft eine Ruhepause einlegen.

Der Regen mag zwar zeitweise etwas kräftezehrend sein, da er die Umgebung in eine wahre Sumpflandschaft verwandeln kann, froh sind wir aber trotzdem um ihn. Ohne das morgendliche und abendliche Giessen spriesst und gedeiht unser Garten wie noch nie zuvor. Mit Hilfe von Orin Hardy, Permakultur Spezialist und Inhaber der Kul Kul Farm auf Bali, implementierten wir bereits einen grossen Gemüsegarten gemäss den Regeln der Permakultur-Kunst. Gemüse wie Aubergine, Kürbis, Karotten, Sawi und Kangkung können unsere Köche mittlerweile frisch aus dem Garten ernten. Selbstverständlich soll auch später der Grossteil der SAVU Menu Zutaten aus dem Eigenanbau stammen. Schritt für Schritt setzen wir das von Orin ausgearbeitete ganzheitliche Permakultur Konzept um. Neben einem Gemüse- und Obstgarten, ist auch eine Pflanzenaufziehstation sowie die generelle Begrünung und Bepflanzung Teil des Projekts. Bei einem Dorfbesuch im naheliegenden Dörfchen Hirang wie auch beim Besuch von verschiedenen Gärtnereien im Norden von Alor, konnte sich Orin ein Bild über die vor Ort gut gedeihenden wie auch verfügbaren Bäume und Pflanzen machen.

Trotz Regen und wolkenverhangenem Himmel verarbeitet unsere mit bisher der Hälfte der geplanten Panele installierte Photovoltaikanlage bereits ausreichend Sonnenenergie um Mitarbeiterunterkunft und Küche mit mehr als ausreichend Strom zu versorgen. Somit ist auch das Rattern der Generatoren auf der Baustelle grösstenteils verstummt, da die elektrischen Werkzeuge statt mit Benzin nun durch erneuerbaren Energie zum Laufen gebracht werden. Schon bald sollen auch unsere Kompressoren durch den vor Ort produzierten Strom Antrieb bekommen – und dann heisst es für uns: es gibt ein gelegentliches Abtauchen. Abtauchen in die noch grösstenteils unerkundete “Savu Sea”. Im Gegensatz zum nördlichen Teil des Alor-Archipels, sind im Süden erst recht wenige Tauchplätze auf der Karte verzeichnet. Was für eine schöne Aufgabe wird es sein die Riffe während verschiedener Gezeiten auf Ihre Art und Weise kennen zu lernen um ihnen danach einen wohlverdienten und passenden Namen zu geben. Die Einblicke, die uns die “Savu Sea” bis jetzt gegeben hat sind mehr als nur vielversprechend und mitunter natürlich auch ein Grund, dass das Bauland zu unserem Traumland wurde. In einer “Manta reisen meint” Bewertung verdienen die Korallen klar die volle Punktzahl und Klein- wie auch Grossfische halten sich in etwa die Waage. Dank den zum Teil kalten Auftriebsströmungen trifft man neben sehr kleinen und kleinen auch auf grössere bis zu sehr grossen Meeresbewohner. Während man die ganz Kleinen am besten mit einem Tank auf dem Rücken bestaunt, sieht man die Grösseren und Grossen genauso gut mit einem Schnorchel im Mund. Für die Giganten der Meere muss man nicht einmal nass werden, sondern kann sie bequem von Land oder vom SAVU Katamaran aus beobachten.

Bis wir Euch auf einen Tauch- oder Schnorchelgang mitnehmen können, ist aber noch etwas Geduld gefragt. SAVU South Alor wird seine Tore nicht vor dem Frühjahr 2021 öffnen. Mit dem Entscheid von Anfang an das ganze Resort mit erneuerbarer Energie zu versorgen wie auch das ganze Land nach den Prinzipien von Permakultur zu bewirtschaften, erlangte unser Projekt in mehreren Bereichen eine gewisse Komplexität, die deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich geplant. Wer die Köpfe hinter SAVU aber bereits vorher wiedersehen oder persönlich kennenlernen möchte, kann uns an den Tauchmessen im Januar und Februar 2021 in der Schweiz wie auch in Deutschland treffen. Max, Lauren, Johannes und ich freuen uns auf jedes persönliche Gespräch!

Wie unser Weihnachtsfest im 2020 ausfällt steht noch in den Sternen. Das verspätete Weihnachtsgeschenk ist jedoch bereits gesetzt: Fondue Chinoise in den Schweizer Bergen.